Moto Guzzi im Herzen
Meine frühesten Erinnerungen an Moto Guzzi reichen in die späten 1950er Jahre zurück. Ich wuchs in Splügen in einem Hotel mit Tankstelle und Taxibetrieb auf. Manchmal transportierte mein Vater die italienischen Strassen- und Werksarbeiter mit seinem VW Bus über den Splügen Pass nach Chiavenna. Wenn es für mich als kleiner Knirps Platz hatte, durfte ich manchmal mitfahren. Und da habe ich die Motorräder der Marke Moto Guzzi zum ersten Mal gesehen. Die erste Guzzi kaufte ich dann 1984, es war eine Falcone ex Polizia Stradale aus Italien, Jahrgang 1959, die ist übrigens heute noch bei mir.
1989 übernahm meine Frau und ich die Leitung eines Hotels in Davos, wo es sehr viel Platz gab. Und plötzlich hatte ich dann 18 Guzzi’s. Mit dem Wegzug im Jahr 2007 nach Klosters musste ich mich aus Platzgründen leider von einigen wieder trennen. Die kleinen Guzzi‘s (Trotter / Guzzino und Zigolo) fanden sogar eine neue Heimat in Deutschland. Jetzt sind mir noch 9 Maschinen von 1925 – 2006 geblieben, keine unter 500 ccm.
Meine älteste Guzzi ist die C4V von 1925 (Corsa Quattro Valvole), sie ist Carlo Guzzi‘s Weiterentwicklung von der GP, also OHC Motor mit vier Ventilen und Königswelle. Mit dieser Maschine hat Guido Mentasti 1924 die erste Europameisterschaft gewonnen, damals war das ein Einzelrennen und der Sieger war zugleich Europameister. Leider ist er kurze Zeit später tödlich verunglückt und fand seine letzte Ruhe auf dem Friedhof in Mandello, sein Grab ist heute noch da.
Die C4V Modelle konnte man dann auch käuflich erwerben. Es gab die C4V / C4VTT und C4VSS. Von allen Varianten wurden insgesamt 486 Maschinen produziert. Die C4VSS Version hatte dann 32 PS, wobei der Rahmen mit dieser Leistung nicht mehr mithalten konnte. Mit vielen C4V wurde an Rennen teilgenommen und deshalb haben viele leider nicht überlebt. In der Schweiz existieren inkl. meiner Maschine vier Stück. Meine Quattro Valvole konnte ich im Jahr 1996 erwerben und habe ich dann gleich restauriert, wobei sich meine Tätigkeit auf die Zerlegung, Beschaffung von Teilen und wieder Zusammenbau beschränkte. Die Revision des Motors war sehr kostspielig. In den Jahren 1998 – 2011 habe ich sie auch bei Oldtimer Rennen eingesetzt. Flüela Rennen, Rennen am Klausenpass, Lenzerheide Classics, Alpenknattern Classic Flims sowie beim Handshifter Run am Timmelsjoch.
Am Rennen auf der Lenzerheide ist mir ein grösserer Motorschaden passiert. Das Zahnrad von der Ölpumpe hat sich gelöst und es gab keine Schmierung mehr, was ich so nicht gemerkte. Erst als sich die Einlassventile nicht mehr öffneten und somit der Motor nicht mehr lief, bemerkte ich den Schaden. Der Motor brachte ich zu einem Spezialisten zur Kur. Die Nockenwelle musste nach Italien, um neu aufgearbeitet zu werden. Am Sonntag bin ich dann das Rennen mit der Guzzi Condor gefahren.
Seit einigen Jahren bestreite ich Oldtimer Rennen nur noch mit meiner Guzzi Condor Replika aus dem Jahr 1947. Die ist viel handlicher als die C4V, denn sie hat ein 4-Gang-Getriebe und Fussschaltung.
Moto Guzzi C4V 1924 – 1927 / Produktion ca. 280 Stück
Bauart: Einzylinder, vier Ventile, Königswelle, obenliegende Nockenwelle OHC
Bohrung x Hub: 88 x 82 cm / Hubraum 498.4 ccm / PS 22 bei 5500 U/min
Dreigang-Getriebe mit Handschaltung, Handgas wie beim Guzzino
Reifen: vorn und hinten 3.00 x 21
Gewicht: 130 kg / Verbrauch ca. 4 l / 100 km
Höchstgeschwindigkeit: ca. 150 km/h
Klosters, 09.01.2022 / Jürg Trepp