Anno 1969 – Waren wir möglicherweise die ersten Mitglieder des Falcone Clubs in Mandello?

Drei junge Burschen machten sich auf den Weg nach Mailand. Gerhard fuhr eine BMW R 27, ich selbst hatte eine DKW 125 von der Zweirad Union mit einem 5-Gang Sachs Motor und Michael fuhr eine Zündapp KS 100/125 ccm.

Mit Zelten und allem, was wir für knapp zwei Wochen brauchten, beladen, starteten wir an einem Samstag in Wesseling in südlicher Richtung. Unser Ziel ausschließlich über Landstraßen für den Abend war Garmisch-Partenkirchen. Dort begann am folgenden Montag die Internationale Sechstagefahrt (Six Days). Aus unserem heimischen Motorsportclub (MSC Porz) waren über ein halbes Dutzend Mitglieder am Start.

Nach unserer Ankunft am Samstagabend bauten wir die Zelte auf, brutzelten etwas und ab dann in unsere Schlafsäcke. Am Sonntag schauten wir uns das Anmeldeverfahren an. Es waren viele Nationen mit allen möglichen Geländemaschinen am Start. Zu den Favoriten gehörten Marken wie MZ, Jawa, CZ, Zündapp, Husqvarna usw. Moto Guzzi setzte erstmals die Stornello ein, was eine kleine Sensation war, da normalerweise Zweitaktmotoren die Oberhand hatten.

Früh am Montag begaben wir uns zu Fuß zur Sonderprüfung, um unseren Jungs die Daumen zu drücken und gegebenenfalls zu helfen, obwohl dies nicht erlaubt war, aber an schwierigen Stellen manchmal erforderlich.

Am Dienstag machten wir uns auf den Weg zum zweiten Ziel, Mailand. Wir ließen die Zelte in Garmisch zurück, da wir am nächsten Tag zurückkehren wollten, um den Rest der Six Days zu sehen. Es ging über den Fernpass, den Reschenpass, in Richtung Zernez, ins Engadin, nach St. Moritz, über den Maloja-Pass zum Comer See. Die Küstenstraße war ein Erlebnis für sich, da es zu dieser Zeit den Tunnel noch nicht gab.

Moto Guzzi war uns zwar ein Begriff, Mandello jedoch nicht, so wie heute. Also ließen wir es im wahrsten Sinne des Wortes links liegen, denn unser Ziel war ja die Via Sebenico Nr. 7 in Mailand. Warum? Dort hatte die Firma Ceriani ihren Sitz, die damals sehr gute Telegabeln bauten. Ich hatte vier Bestellungen und das Geld dafür in meiner Brusttasche. Drei Gabeln waren für die Kawasaki Mach 1 bestimmt, da die Besitzer mit leichten Fahrwerksproblemen zu kämpfen hatten und glaubten, dass sich dies mit einer Ceriani-Gabel lösen ließe, was letztendlich nicht der Fall war. Die vierte Gabel war für eine im Bau befindliche Geländemaschine meines Bruders mit Eigenbau-Rahmen und einem Sachs 50 S Motor vorgesehen.

In Monza suchten wir nach einer Unterkunft, waren aber etwas orientierungslos. Wir standen auf einem großen Platz und wurden bestaunt. Nach einer Weile kam eine offensichtlich italienische „Mama“ auf uns zu und fragte auf Deutsch, ob sie uns helfen könne. Wir erklärten, dass wir eine Unterkunft suchten. Sie bot uns an, in ihrem Haus zu übernachten. Das war für uns sehr willkommen, besonders weil es keine Verständigungsprobleme gab, da wir alle ja natürlich perfekt Italienisch sprachen.

In ihrem Haus stellte sich heraus, dass es ziemlich groß war, sodass jeder von uns sein eigenes Zimmer hatte. Zunächst machten wir uns etwas fein, da zu dieser Zeit die Helme offen und alles außerhalb unserer Brillen dreckig war. In der Zwischenzeit bereitete die Gute ein köstliches Abendessen für uns zu. Während des Essens kamen wir ins Gespräch und sie erwähnte, dass wir sie an ihren Sohn erinnerten, der seine Liebe zum Motorrad, aber leider bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Obwohl sie ursprünglich aus Deutschland stammte, lebte sie schon lange in Italien.

Wir schliefen prächtig und am Morgen wurden wir zum Frühstück gerufen. Unsere Gastgeberin hatte bereits Kontakt mit der Firma Ceriani aufgenommen, daher waren wir bereits angemeldet. Die geschäftlichen Angelegenheiten wurden erledigt, und wir bestellten vier Gabeln, eine davon konnten wir sofort für die 50 ccm GS mitnehmen. Die Gabel wurde zerlegt, im Zeltsack verstaut und auf meinem Gepäckträger transportiert.

Danach machten wir uns wieder auf den Rückweg nach Garmisch, wo wir spät abends ankamen. An der deutschen Grenze hatte sich Michael an den Autos vorbeigemogelt, was für ihn nicht gut war. Er musste Tank und Sitzbank abbauen, alles wurde vom Zoll gründlich überprüft. Gerhard und ich hatten uns nicht vorgedrängt und wurden nach einer kurzen Frage, ob wir etwas anzumelden hätten – was ich frech mit Nein beantwortete – und der Frage, was sich im Sack befinde, die ich mit „Zelt mit Zeltstangen“ beantwortete, durchgewunken. Uff, der fällige Zoll hätte ja meinen Gewinn geschmälert.

Wir konnten die letzten Tage der Six Days genießen. Das Team der DDR gewann die World Trophy, und Deutschland gewann die Silbervasenwertung mit den Fahrern Helmut Beranek auf Zündapp 125, Norbert Gabler auf Puch 175, Hans Trinkner auf Zündapp 75 und Rolf Witthöft auf Puch 125.

Es war ein tolles Erlebnis, und die Rückreise verlief ebenfalls ohne Pannen. Bei unserem nächsten Clubabend wurden wir zu Hause genauso gefeiert wie die aktiven Geländefahrer aus dem Club.

Wolfgang Kamradt