Ein Wochenende in den Ardennen 

Bouillon, für die meisten von uns eine Fleischbrühe, ist ein Ort im äußersten Südwesten Belgiens. Direkt an der Grenze zu Frankreich liegt Bouillon an der Semois und soll für uns das Ziel für ein Wochenende sein. Das Hotel in der kleinen Stadt ist gebucht, und samstags gegen Ende September geht es bei nasskaltem Wetter los. Der Start ist in Kasel an der schönen Ruwer, und wir wollen versuchen, keinen Meter Autobahn zu fahren, dafür sind Nuovo Falcone und die Estrella nicht gemacht.

Ein Stück durch die Eifel, runter zur Sauer und auf der anderen Seite durch die Luxemburger Schweiz. Das gestaltet sich nicht so einfach, anscheinend werden hier im Moment alle Straßen saniert. So lernen wir neue Strecken kennen, haben aber gleich zu Anfang auch große Umwege zu fahren. Irgendwann mitten im schönen Luxemburg ist dann aber der Weg frei, und es geht über wundervoll kurvige Straßen nach Arlon in Belgien.

Sobald man die Grenze hinter sich hat, ändert sich alles: Landschaft, Orte und Straßenbelag. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie unterschiedlich die Regionen hier bei mir vor der Tür sind. Arlon liegt in den Ardennen, die den größten Teil der Wallonie ausmachen. Das ist der Teil Belgiens, in dem Französisch und Deutsch gesprochen wird.

Weiter geht es durch düstere Wälder nach Neufchateau, unterwegs mit einem Stopp in Habbay. Hier ist in einer alten Werkstatt eine gigantische Motorradsammlung untergebracht. Im Schaufenster eine FN, eine Sarolea und eine Gillet, alle von 1911. Überall an den Fenstern kann man sich die Nase platt drücken und kommt aus dem Staunen nicht mehr raus, aber die Sammlung ist nicht öffentlich zugänglich, und so habe ich bestimmt schon 20 Mal dort gestanden und darauf gewartet, dass der Besitzer einmal vor Ort ist und sich meiner erbarmt. Aber auch diesmal ist keine Menschenseele zu sehen. Also weiter, es ist ungemütlich, und wir suchen ein Lokal, um uns aufzuwärmen. Das finden wir in Neufchateau, und bei heißer Schokolade wird es uns gleich wieder wohlig warm.

Nun ist es nicht mehr weit bis Bouillon, und während wir auf kleinen und auch schlechten Straßen an der Semois entlang fahren, wird meine Nuovo immer lauter, so laut, dass ich an einer Bushaltestelle parken muss. Leider hat sich ein Gewindebolzen für die Krümmerhalterung gemeinsam mit dem Gewinde verabschiedet. Nach dem Abkühlen des Motors kann ich aber über den verbleibenden Bolzen den Krümmer so gut festziehen, dass es für die restlichen 300 km der Tour keine Probleme mehr gibt. Das bedeutet Arbeit für den Winter.

Als wir Bouillon erreichen, lacht die Sonne durch die Wolken, und wir können das tolle Panorama der Burg über dem Flusstal bewundern. Gottfried von Bouillon war ein Heerführer beim ersten Kreuzzug und hat eine beeindruckende Burg hinterlassen, die sich für 15 Euro besichtigen lässt – auf jeden Fall lohnenswert.

Im Tal unter der Burg sind rechts und links der Semois Restaurants, Cafés und Hotels, aber so spät im September ist nur noch wenig los. Dafür gibt es Moules Frites und belgisches Bier in allen Variationen.

Am nächsten Morgen ist es eiskalt, dafür scheint die Sonne. Dick angezogen geht es entlang der Grenze zu Frankreich nur geradeaus durch den Wald, 20 oder 30 km nur Wald und kaum mal ein Auto. Es geht zur Abtei Orval, ein Trappistenkloster, und damit einer der wenigen Orte, die Trappistenbier brauen dürfen. Dieses wird auch reichlich gekauft, wie wir auf dem Parkplatz vor dem großen Kloster sehen können. Wir sind aber wegen dem Klosterkäse hier, der zusammen mit dem Bier hergestellt wird. Ein dickes Stück Käse wird also noch in die Koffer der Guzzi gequetscht.

Die sehenswerten Klosterruinen wollen wir uns mit der dicken Motorradkleidung nicht antun, vielleicht beim nächsten Mal, dann ist vielleicht auch der herrliche Biergarten am See vor dem Kloster geöffnet.

Im nächsten größeren Ort geht es nicht weiter, Stau, ein Flohmarkt zieht sich durch die Straßen des Ortes. Immer wieder interessant ist es, wenn man auf die Nuovo Falcone angesprochen wird – die allermeisten Menschen kennen nur die V2-Modelle und sind fasziniert von dem liegenden Eintopf.

Kurz vor der Grenze zu Luxemburg noch ein letzter Halt an einer Pommesbude, das muss sein, belgische Fritten, zum Abschluss dieser schönen Tour in der Sonne genießen.

Michael Brückner