Coupes Moto Legende 2022 – Circuit Dijon-Prenois

Zum 28. Mal fand heuer diese tolle Oldtimerveranstaltung im Mai in der Nähe von Dijon in Mittelfrankreich statt, eine der größten in ganz Europa.

Michael Brückner, der an der Veranstaltung schon mehrere Male teilgenommen hatte, regte im Frühjahr an, ob wir als Falcone-Club nicht mit einem eigenen Clubstand dort vertreten sein wollten. Über den Club informieren, einige unserer alten Guzzis dort ausstellen und mit einigen Fahrern aus dem Club auch das sehr umfangreiche Fahrerfeld bereichern. Und so kam es, dass wir mit einem eigenen Clubstand vor Ort waren, unser neues Clubzelt einweihen konnten und einige von uns auch als Fahrer und Teilnehmer recht viel Spaß hatten, sofern das Motorrad nicht schlapp machte und dem Fahrer die Schande auf den „Besenwagen“ zurück ins Fahrerlager zu kommen, erspart blieb.

Karls Replika der Rekordguzzino steht jetzt in Mandello bei „Gechi“ im Museum.

Als Fahrer wollte ich nicht teilnehmen, da Fahren auf Rennstrecken nicht so mein Ding ist. Aber den Falcone-Club am Clubstand unterstützen und ein wenig Rennatmosphäre längst vergangener Zeiten schnuppern, das, so dachte ich, wäre doch bestimmt ganz lustig und interessant. Also ging ich dran, eine Tour von uns an der Ardèche nach Dijon unter Vermeidung von Autobahnen und größeren Landstraßen mit dem Navi zu planen. Es kamen etwa 480 kurvenreiche Kilometer dabei heraus. Zuerst wollte ich eigentlich die Falcone nehmen, aber dann wäre wohl eine Übernachtung notwendig geworden, da 480 km an einem Stück mit dem alten Mopedle doch ein sehr harter Ritt geworden wäre. Außerdem wollte mich mein Freund Hubert mit seiner 35 Jahre alten  Transalp begleiten, so dass ich mich entschieden habe, dass meine alte 2-Ventiler GS für diese Tour das Motorrad der Wahl ist. Also keine Guzzis, aber immerhin zwei über 30 Jahre alte Motorräder und zwei Oldies jeweils über 60 Jahre, machten sich auf den Weg nach Dijon. „Opa on Tour“ sozusagen.

Meine GS fahre ich schon seit mehr als 20 Jahren. Für Reisen immer noch die erste Wahl.

Als wir morgens um acht Uhr an der Ardèche losgefuhren, hatten wir schon angenehme 20 Grad. Kein Gedanke wurde daran verschwendet, dass es unterwegs vielleicht auch mal kälter werden könnte. Die Sonne schien und es war für das gesamte Wochenende kein Tropfen Regen vorausgesagt worden. Also musste die Lederkombi genügen. Hinter Aubenas, nach dem ersten Pass,  waren wir auf rd. 1.400 m Höhe und was soll ich sagen: Es wurde plötzlich saukalt. Wir fuhren im Nebel und von einigen Windrädern, an denen wir vorbeikamen, konnten wir die Flügel nicht mehr sehen, von wärmender Sonne ganz zu schweigen. Da hatte ich wohl das „Kleingedruckte“ in den Fahrtbedingungen nicht richtig gelesen. Kurzum: Wir froren beide ganz erbärmlich. Aber die einsamen Straßen, die traumhafte Landschaft, sofern wir sie sahen, und die Kurvenhatz durch die nördlichen Cevennen, haben bei uns beiden soviel Adrenalin freigesetzt, so dass wir die Kälte ganz gut ertragen konnten. Als wir später in der Auvergne wieder tiefer gelegene Landstriche erreichten, kam dann auch die Sonne wieder hervor, ebenso wie ein breites Grinsen in unseren Gesichtern. Hier bewahrheiteten sich einfach auf schönste Weise meine bisherigen Erfahrungen: Frankreich ist landschaftlich einfach ein tolles und abwechslungsreiches Land, ideal für uns Motorradfahrer. Ich bin sehr froh und dankbar, hier einen Teil meines Lebens verbringen zu dürfen. In Roanne sahen wir die Loire wieder, die mit über 1.000 km Frankreichs längster Fluss ist. Die Quelle liegt im Gebirge nahe der Ardèche, nur ca. 30 km von uns entfernt, auf ca. 1.400 m Höhe, an einem erloschenen Vulkan.

Zwei Falcone an der Quelle der Loire.

Spontan kam mir der Gedanke, einmal eine Tour entlang dieses Flusses zu machen. Von der Quelle in den Cevennen, bis zur Mündung ins Meer in der Bretagne. Wenn man versucht, sich eine Straße möglichst nahe am Fluss auszusuchen,  und sei sie auch noch so klein, kämen vier Tagesetappen von etwa 250 – 350 km heraus. Quer durch Frankreichs schönste Landschaften und auch kulturell hätte so eine Reise sicher einiges mit den Loire Schlössern zu bieten, von den Gaumenfreuden entlang dieser Route einmal ganz abgesehen. Das wäre doch mal eine Tour für die Falcone. Einfach gemütlich dahin tuckern, sich freuen und genießen. Wer macht mit? Ich wäre dabei!

Am frühen Nachmittag erreichten wir Burgund und sahen links von uns den Morvan, ein Granitmassiv, das noch zum Massif Central gehört, liegen. Jetzt war es nicht mehr weit und so erreichten wir gegen 18.00 Uhr die Rennstrecke. Michael hatte uns im Vorfeld schon mit den nötigen Durchfahrtspapieren ausgestattet, so dass es einfach war, den Falcone-Club zu erreichen. Die Ordner winkten uns freundlich zu und ließen uns ohne Probleme passieren. Michael holte uns am Eingang mit der Lodola ab, da das Fahrerlager doch sehr groß war und wir bestimmt einige Zeit herumgeirrt wären, um das Clubzelt zu finden.

Unser neues Clubzelt macht schon was her.

Ein großes „Hallo“ und wir konnten entspannt zu einem ersten Glas Wein oder einem Bierchen übergehen. Unsere Zelte waren schnell aufgebaut und schon riefen die Grillmeister uns zu: „Die Bratwürste sind fertig, wer hat Hunger?“. Danke Jungs, dass ihr uns die nächsten zwei Tage mit durchgefüttert habt. Auf den Mopeds konnten wir keine Lebensmittel mitnehmen und die Rennstrecke liegt so einsam, dass der nächste Supermarkt schon fast in Dijon war. Aber in dem großen Feuerwehrauto von Migo schienen unerschöpfliche Reserven an Lebensmitteln gelagert zu sein, so dass es für uns alle reichte und wir alle satt wurden. Michael steuerte noch die eine oder andere Flasche Wein aus seiner Heimat an der Mosel bei.  Das war eben „Leben, wie Gott in Frankreich“.

Schöne alte Motorräder, wohin man auch blickt.

Die nächsten zwei Tage waren vom Schnuppern von Rennluft, Standdienst mit Auskunft geben, wer wir sind, was der Falcone-Club macht, geprägt, und natürlich wurden auch unsere ausgestellten Motorräder ausgiebig bewundert. Wir hatten Karls Replika der Rekordguzzino dabei, Mattheos Condor, die schnelle und getunte Guzzino vom Volker und einige Falcones, Airone und Lodola waren zu bestaunen. Nebenbei jubelten wir natürlich unseren Fahrern zu, wenn sie mit ihrem Turn an der Reihe waren und die „Adler“ an uns vorbei über die Strecke fliegen ließen.

Da war Mattheo mit der Condor am Start noch zuversichtlich, dass sie hält.

Alle kamen sie gut ins „Nest“ zurück, bis auf die Condor vom Mattheo. Migo und ich sahen, als Mattheo auf der Strecke war, wie sie plötzlich immer mehr nebelte und sich ein Motorschaden anbahnte. Ein Steckenmarschall zog Mattheo dann schließlich aus dem Verkehr, um die anderen Fahrer nicht zu gefährden. Die Condor kam leider auf dem Besenwagen zu uns zurück, ebenso ein recht enttäuschter Fahrer. Bei einer erste Diagnose stellte sich dann heraus, dass wohl ein Schlepphebel festgegangen war und dabei leider auch die Nockenwelle arg in Mitleidenschaft gezogen hatte. Auf Mattheo kommen also einige Stunden Schrauberei zu und natürlich auch die Kosten und die Mühen, die benötigten Ersatzteile für das seltene Stück aufzutreiben. Zum Glück haben Mattheo und auch der Falcone-Club eine langjährig gewachsene freundschaftliche Beziehung zu der Guzzi-Szene in Mandello, so dass ich mir sicher bin, dass gemeinsam eine Lösung des Problems gefunden wird und die Condor und der Fahrer nächstes Jahr wieder mit dabei sind.

Wie immer bringen unsere Freunde aus Mandello tolle und seltene Guzzis an den Start.

Aber die Condor war natürlich nicht der einzige Ausfall. Auch die Achtzylinder-Guzzi, die unsere italienischen Freunde aus Mandello mitgebracht hatten, verstummte kurz nach dem Anlassen erstmal für längere Zeit. Auch hier deutete sich ein Motorschaden mit längerer Auszeit an. Aber die Leute aus Mandello hatten noch einige andere Leckerbissen an alten und sehr seltenen Guzzi-Rennmaschinen mitgebracht. Deren Rollout war natürlich ein Highlight für uns an der Strecke. Ebenso wie Giacomo Agostini, gerade 80 Jahre alt geworden, der sich mit viel Elan auf seine alte MV warf und mit brüllendem MV-Sound um den Kurs hetzte.

Ago-Nationale. Ein Idol meiner Jugend.

Da war bei mir Gänsehaut pur angesagt. In den Siebzigerjahren war ich Streckenposten im Fahrerlager auf dem Hockenheimring. Und da hatte ich alle Renngrößen dieser Zeit beim alljährlichen WM-Lauf im Mai gesehen und war ihnen für ein Wochenende ganz nah. Da gehörte Ago-Nationale natürlich auch dazu. Eines Tages kam er zu uns und sagte sinngemäß, dass wir alle einen guten Job machen würden und er spendierte uns dann allen ein Eis. So habe Ago vor fast 50 Jahren erlebt und jetzt sehe ich ihn mit seiner MV wieder an mir vorbeiziehen. Wenn ich es schaffen sollte, mit achtzig noch so auf meine Falcone zu steigen, dann habe ich vieles im Leben richtig gemacht.

Fans an der Stecke.

Zwei schöne Tage gingen zu Ende, als wir uns am Sonntag früh wieder auf den Heimweg an die Ardèche machten. Wieder durch eine herrliche Landschaft, mit einem guten Mittagessen unterwegs und mit dem Vorsatz, nächstes Jahr, sofern der Falcone-Club hier wieder aufschlägt, mit dabei sein zu wollen. Hubert und ich werden dann mit dem Auto kommen, damit ich meine große Paellapfanne nebst Gaskocher mitnehmen kann. Dann koche ich für uns alle an einem Abend eine leckere Paella. Darauf lohnt es sich zu freuen.           Volker Neureither