Susa Tal und das Vercors mit Enduros

Jedes Jahr, am 2ten Juli Wochenende ist in Bardonecchia in Italien ein wunderschönes Motorradtreffen, das wohl das am höchsten gelegene Treffen in Europa ist.

Es findet seit 1967 auf einer Hochalm am Col de Sommeiller statt. Von der Hochalm, auf der gezeltet wird, geht es dann auf einer Schotterpiste bis auf 3007 Meter hoch, der höchste legal befahrbare Punkt in den Alpen.

Leider wurde das Treffen dieses Jahr wegen Corona gecancelt. Aber im Susa Tal ist der empfehlenswerte Campingplatz „Gran Bosco“. Dieser ist ein Treffpunkt für Offroad Fahrer*innen aus ganz Europa. Denn das Susa Tal bietet viele fantastische Pässe und Schotterpisten, die legal befahrbar sind.

Also packen Thomas und ich SR 500 und DR 350 in den Lieferwagen und in einem Rutsch geht es die 800 km von Trier zum Campingplatz Gran Bosco. Dort warten schon Hubi vom Bodensee mit seiner DR 350  und Conny ist auf Achse mit seiner 1150 GS aus dem Ebsdorfergrund angereist. Am ersten Tag (Freitag 10. Juli) steht der Colle delle Finestre an; links, rechts, links, rechts bis es einem schwindelig wird. Vom Teer geht der Paß in Schotter über. Über der Paßhöhe kann man dann zu Assietta Kammstraße abbiegen.

42 km Schotterstraße zwischen 2000 und 2500 Metern. Die Aussichten die sich hier bieten sind Phönomenal! Die Vergasermotoren werden allerdings hier oben schon etwas müde.

Es gibt ein paar bewirtschaftete Höfe an der Strecke wo man vorzüglich selbst gemachten Käse, Speck und Wurst essen kann.

Von Bardonecchia fahren wir dann nach dem Mittagessen die Hochalm an, auf der das Stella Alpina Treffen normalerweise stattfindet. Etwa 30 Motorräder haben sich eingefunden und einige Zelte stehen auch schon. Und weiter geht es den Col du  Sommeiller rauf, wo die Grenze zwischen Italien und Frankreich verläuft. Doch bei ca. 2800 Meter ist Schluß. Große Schnee und Eisfelder versperren dieses Jahr den Weg zu Gipfel.

In der Nacht regnet es viel, doch am Samstag ist es wieder schön, wenn auch sehr kalt für Juli.

Heute soll es auf den Monte Jafferau gehen. In dem Grenzgebiet zeugen verfallene Festungen von der kriegerischen Geschichte der Region und viele Wege, die wir fahren waren die Versorgungswege zu den einzelnen Forts. 

Der gruselige Tunnel auf dem Weg zu dem 2800 Meter hohen Gipfel war lange zugeschüttet, ist aber seit 2018 wieder frei befahrbar. Hier ist wirklich viel Verkehr, Wanderer, Mountainbiker, Motorräder, Quads und Geländewagen tummeln sich in unterschiedlichem Tempo und mit teilweise wenig Rücksicht, den Berg hinauf und hinunter. Dazwischen ein einspuriger, unbeleuchteter Tunnel in dem es ständig von der Decke regnet und der steinige Untergrund mit sehr viel Wasser bedeckt ist.

Egal wie gut das Licht am Motorrad ist, es wird in diesem Tunnel komplett absorbiert. Der Horror wäre, wenn jetzt ein Land Rover entgegen käme! Hut ab vor Conny, der mit seiner schweren GS die ganzen Geröllstrecken mitfährt.

Es geht aber gut und die gefühlten 10 km (850 Meter) Tunnel liegen hinter uns. Aber dann auf ca. 2600 Metern, nicht weit vom Gipfel, ist wieder eine Eisfläche, an der kein Weiterkommen möglich ist. Trotzdem bieten sich links und rechts kleine Wege an und überall entdeckt man verlassene Festungen. Hier ist nichts abgeschlossen und es finden sich noch die rostigen Bettgestelle in den dunklen Kammern, in denen einst die Soldaten bei eisiger Kälte ihren Dienst verrichten mussten.

So geht es dann auf kleinen Geröllpisten die Berge rauf und runter. Auf dem Campingplatz, mit seinen ganzen Enduro Fahrer*innen, bekommt man immer neue „Geheimtips“, wo man noch hin fahren könnte.

Am Montag sollte es dann ins Valle di Maira gehen, um die Maira Stura Kammstraße zu fahren, doch der Wetterbericht fürs Mairatal ist übel. Wo ist also schönes Wetter ?

In Frankreich, im Vercors, das wollte ich doch schon immer mal sehen! Conny muß leider nach Hause, da seine Arbeit nur einen Kurztrip zulässt. 

Autos gepackt und nach Frankreich, ca. 250 km weiter westlich umgezogen. „Die“ heißt die kleine Stadt, wo wir uns auf dem Camping Municipal niederlassen.

Diese Stadt ist eine Perle, mit einer Geschichte bis in die Römerzeit. Wenn man durch die Gassen schlendert, kommt man sich in die Vergangenheit versetzt vor.

Heute ist „Die“ ein Ort für Menschen, die gerne einen alternativen Lebensstil pflegen. Ein riesiger Markt findet Mittwochs und Samstag in den schmalen Gassen statt. Corona scheint hier niemanden etwas anhaben zu können, so dicht ist das Gedränge!

Am 14 Juli geht es dann den Col de Rousset hoch, der bestens ausgebaut ist. Am Nationalfeiertag sind alle auf dem Motorrad, um in Bestzeit auf dem Paß hoch zu fahren. Mit unseren SR und DR sind wir da eher wohl oft nur ein Hindernis auf der Ideallinie.

Das Vercors ist eine bizzare Felsenlandschaft, den Alpen vorgelagert. Es gibt  kerzengerade Steilhänge, die eine tafelbergartige Landschaft formen. Und in diese Steilhänge wurden vor etwas mehr als 100 Jahren Straßen eingemeißelt, um die einsameGegend zu erschließen. 

Durch Schluchten mit Galerien geht es zum Cirque de Combe Laval und dem Col de la Machine. Eine atemberaubende Strecke und ein unbedingter Tipp, wenn man auf dem Weg nach Südfrankreich ist. Nur 65 km östlich von Valence, liegt das kleine aber feine Gebiet des Vercors. So unzugänglich, dass es ein Zentrum der Resistance während des II. Weltkriegs war, woran eine Gedenkstätte und zahlreiche Tafeln an den Straßen erinnern.

Dank einer guten Michelin Karte, suchen wir uns dann kleine bis kleinste Strecken und Pässe, auch unbefestigte Straßen, raus, um die restlichen Tage zu fahren. Hier ist dann überhaupt kein Verkehr, aber hinter jeder Kurve bietet sich ein neuer Blickwinkel auf die tolle Landschaft. Kleine Bars und Restaurants am Weg laden zum verweilen ein und bieten tolles Essen für einen fairen Tarif.

Freitags geht es dann die 750 km nach Hause, aber das Vercors will ich bald wieder besuchen.

Es lohnt sich die Orte und Strecken in meinem kurzen Bericht zu googeln um sich Appetit auf das Susa Tal und das Vercors zu machen.           Michael Brückner