Ciao Zusammen,
ich bin seit November stolzer Besitzer einer Falcone und seit dem Teilemarkt in Hamm im Februar Mitglied im Falcone-Club. In dieser ersten Saison bin ich mittlerweile etwa 1200km gefahren. Aber wie kam es dazu? Auch hier sind die schönsten Wege die Umwege!
Mein Freund Horst besitzt eine V7 von 1967, so lerne ich die Marke Moto Guzzi kennen. Nach den Zweitaktern meiner Jugend kam 1981 die erste T3, seit 1982 umgebaut zum Gespann.
Bei einem gemeinsamen Urlaub in Norditalien sah ich dann meine erste Falcone. Aber in der damaligen Berufs- und Familiensituation war das ein Traum in einer langen Warteschlange, man könnte sie auch die unerfüllte Jugendliebe nennen.
Die Familie wuchs nicht nur zahlenmäßig, sondern auch aus dem Zwang zur ständigen Gemeinsamkeit heraus. So gab es dann 1998 die Cali Evo und mit ihr wieder mehr Reisen, alleine und zu zweit. Leider geschah dann damit 2002 ein Unfall, der ohne ABS nicht passiert wäre. Also folgten 15 Jahre BMW, sicher und flott aber eben nicht „italianamente“. Ein Wirt in Mandello sagte einmal beim Abschied „diesess Motorrrrrad hat eine Säääle“ und er meinte natürlich die Guzzi.
In der gesamten Zeit hatten wir viele Besuche in Mandello, mit Familie im Urlaub und mit Freunden zu Treffen. Bis ich 2017 meinem Freund zum 80. Geburtstag eine „begleitete Reise“ zum Treffen nach Mandello schenkte, das wir 2006 zuletzt gemeinsam besucht hatten. Zur Erinnerung: das war das Treffen unter dem Motto „50 Jahre V7“.
Ich hoffte, Horst nimmt die V7 und bietet mir leihweise die rote Mille an. Tat er aber nicht, er nahm die Mille selbst, „um mithalten zu können“. Also schenkte ich ihm und mir noch eine Überraschung: Ich kaufte mir eine schöne Mille als Begleitfahrzeug und so reisten wir auf getrennter Strecke zum Treffpunkt am Bodensee. Die Überraschung gelang so sehr, dass er zunächst verständnislos reagierte, als die vier Zylinder am Quartier nebeneinander standen: „Wo ist denn DEIN Motorrad?“
Ja, das war der Wiedereinstieg in die Guzzi-Welt. Natürlich ist die Mille ein schöner „Youngtimer“, aber für die komfortable und sichere Reise mit der Liebsten doch nicht die Richtige. Also kam 2018 noch die Cali 1400 dazu.
Wenn man sich an diesen Brummer gewöhnt hat, findet man diesen Motor geradezu verlockend als Gespannantrieb. Also folgte wieder einmal eine Guzzi nach der anderen. Das BMW-Gespann wurde verkauft und eine Eldorado 1400 zum Gespann umgebaut.
Wie kam ich nach unzähligen Besuchen mit den Zweizylindern in Mandello zur Falcone? Bei unserem Besuch des Treffens 2019 und vertiefter Beschäftigung mit der Firmengeschichte wurde klar, dass die Zweizylinder nur die zweite Hälfte der Guzzi-Geschichte sind. Die erste Hälfte, die Gründer- und Aufbauzeit, galt dem Einzylinder! Also kam die Rückbesinnung auf die unerfüllte Jugendliebe. Hilfreich auch der Renteneintritt. Das ermöglicht straffrei mehr Zeit in der Werkstatt und bei den Oldie-Events zu verbringen.
Ich kaufte meine Falcone auf der Schwäbischen Alb im November 2019. Mit dem Kurzgutachten war sie bald zugelassen, und schon im Dezember und Januar konnte ich erste Fahrten unternehmen. So völlig anders, als alles Moderne und Zweizylindrige. Immer wieder ein bewusstes Eintauchen in die Langsamkeit des Drehzahlkellers. Wenn sie aber mal rollt, verblasst mancher edle Renner vergangener Tage im Rückspiegel. Fahrbarkeit ist auch für Oldies wichtig.
Basteln durfte ich natürlich auch. Der Schwimmer war undicht. Die Oldieszene des deutschen Ostens hielt aber einen passenden aus einer AWO für kleines Geld bereit. Nur mit Kolbenringen tue ich mich noch etwas schwerer. Die Breite der Kompressionsringe passte nicht in die Nut. Meine nächste Italienreise bringt hoffentlich Klarheit. Auf jeden Fall habe ich viel Freude daran das alte Schätzchen zu verstehen, die Handbücher zu übersetzen, mit eigenen Erfahrungen zu ergänzen und auch meine Werkstatt aufzurüsten – so ein Winter kann lang werden! Aber Ehemänner mit Langeweile, sind laut Umfrage eine größere Belastung für den häuslichen Frieden, als solche mit öligen Fingern.
Corona verhinderte etliche Treffen, aber immerhin konnte ich das Sommertreffen in Much kurz besuchen und auch im Herbst eine Ausfahrt der IG Bismarck in Radevormwald mitfahren, die auf eine ehemalige Fahrrad- und Leichtmotorradfabrik zurückgeht. Und „erfährt“ man immer wieder neu das besondere Flair der Falcone in Deutschland. Es war die einzige italienische Maschine unter 50 Motorrädern. Und ein ortsansässiger italienisch-stämmiger Friseur kroch fast in sie hinein, erzählte aus seiner Jugend und bot mir auch seine Airone zum Kauf an.
Die brauche ich aber gar nicht, denn Guzzi’s vermehren sich fast von alleine. Nach der Falcone entdeckte ich den Galletto: so anders, so pfiffig… Der flog mir im Sommer zu, in Erwartung eines langen Corona-Winters. Wenig gelaufen, Motor leider etwas verölt (die Quelle habe ich schon gefunden: ein Gewalttäter hat einen Paßstift nach innen aus dem Gehäuse gebrochen). Also auch hier: Handbücher übersetzen, alles prüfen, wieder schön zusammenbauen und polieren. So gelingt die Vorfreude auf den nächsten Frühling! Ci vediamo!