Resonanzauspuff beim Zweitakter – eigene Erfahrungen.

Auf dem Prüfstand hab ich mehrfach Dinge ausprobiert, die sich Sepp Schlögl ausgedacht oder die er aufgeschnappt hatte. Er hatte in der Saison aber kaum Zeit für Prüfstandsversuche.

Hier meine Story aus den siebziger Jahren:

Unsere Werkstatt bei Perscheid

Anfang der siebziger hatten wir in der Firma einen Leistungsprüfstand angeschafft: „Schenk Wasserwirbelbremse UPA 20/20“, belastbar bis 120 PS. Die Bremse wurde im Boden eingelassen und das Ganze als Rollenprüftstand eingesetzt und  auch so genutzt. Mir war das nicht genug und mein Chef ließ mich machen. Also eine Aufnahme angefertigt, eine Schweißkonstruktion darauf, ein Kurbelgehäuse einer Yamaha RD 350 aufgespannt und am Getriebeausgang per Kette die Leistung auf die Rolle übertragen.

Speziell war: Das Kurbelgehäuse war so umgebaut, dass nur eine Kurbelwellenhälfte eingebaut war, die Primärseite. Sinn und Zweck war, jeden Zylinder einzeln messen zu können. Das Gehäuse war von der RD Serie und kostete nichts. Die Wellenhälfte von einer TZ 250, ein Production Racer, 2 Zylinder, 250 ccm, der Zylinder war ein Block, Wassergekühlt. Man konnte auf dem Versuchsmotor, sowohl die linke,  als auch  auch die rechte Seite einzeln messen.

Bei der ganzen Konstruktion hat ein Mechaniker aus unserer Werkstatt eifrig mitgewirkt. Alles nach Feierabend und in der Freizeit. Der Georg, ein  echter Allrounder; von der Honda Dax bis zur GL 1000 hatte er alles perfekt im Griff. Drehen, Schweißen und Schlossern. Der Eifer hatte einen Grund: Er wollte Gespannrennen fahren. Der Motor sollte ein Yamaha TZ 500, 4 Zylinder wassergekühlt, Werksangabe 90 PS sein.  Zweitakter waren ihm aber ein Rätsel. Mir nicht. Allein schon durch die Basteleien  und Erfahrungen, die ich Mitte der sechziger Jahren mit den 50 ccm Racer gesammelt habe.

Er fragte mich,  ob er im OMK Pokal eine Chance damit habe. Ja Georg, wenn du dir ein gutes Fahrwerk baust, den Motor belässt wie er ist und  du ihn immer optimal eingestellt bekommst und das Potenzial auch auf den Asphalt bringst, dann müsstest du vorne dabei sein. Und er war dabei. Er gewann sieben von acht Rennen. Als Einsteiger im OMK-Pokal  war das nicht schlecht.

Nun zur eigentlichen Story. Im Jahr darauf gab es automatisch die I-Lizenz und da wehte ein anderer Wind. Georg schlug sich aber tapfer bis zu einem Rennen am Nürburgring. Neue technische Bestimmungen verlangten, dass die  Auspuffrohre  nicht mehr links und rechts  abgehen, alles musste auf die  Seite des Seitenwagens verlegt werden. Also wurde vor Ort  von ihm und seinen Helfern alles umgeschweißt. Dann das Rennen: Ein Drama! Keine Leistung und ein Zieleinlauf unter ferner liefen.

Montag war bei unserer Firma Ruhetag. Georg und ich hielten daher immer  montags ein Briefing ab, da ich ja bei seinen Rennen am Sonntag nie dabei war. Georg kommt also um 14 Uhr in die Firma und bringt die zwei Zylinderblöcke, die Köpfe, die Kolben, die Vergaser und die Auspuffanlagen mit: Wir müssen messen. Ich sehe mir die Auspuffe an und wir fangen wir an, den Zylinder rechts auf den Versuchsblock zu montieren. Der Auspuff war kaum verändert. „Tereng, teng, teng“ –  Vollgas und unter Volllast bremsen. Ergebnis: 21,5 PS und die mussten es auch sein. Die Leistungskurve war also ok. Zweiter Zylinder montiert, der Auspuff war mehrfach im Krümmerbereich verändert worden. Vollgas und Bremsen. 16.5 PS und eine eigenartige Leistungskurve. Zylinder drei hatte noch weniger PS. Zylinder vier war bisschen besser, so um die 17 PS. Den kompletten Motor hatten wir vorher schon mal mit 88 PS gebremst. Georg rieb sich die Augen – ich nicht. Zählen wir mal bei den drei schlechten Auspuffen die neuen Schweißnähte durch. Einmal waren es  acht oder zehn Nähte, einmal etwas weniger, so genaues weiß ich nicht mehr. Jeder Schnitt/Naht war etwa 2 mm breit, die Gesamtlänge der  einzelnen Auspuffe war dadurch verändert worden. Georg wickelte fix Ringelchen, die wir einpassten und einschweißten. Die Krümmerlänge stimmte nun wieder. Also rauf auf die Bremse, Volllast, und siehe da, 21 PS. Analog die anderen zwei Auspuffe abgeändert und gemessen. Georg war etwas verdutzt und ich hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Die Kiste rannte wieder.

Durch die Schweißarbeiten waren die Auspuffe etwas zu kurz geraten. Die Längen, die Durchmesser sowie die Konusform wurden aufgrund von Steuerzeiten, Drehzahlbereich und anderen Parametern vom Ingenieuren  berechnet und auf dem Prüfstand feinabgestimmt. Jegliche Änderungen danach sind meist negativ, selten positiv. Der Resonanzauspuff wirkt wie eine Aufladung. Nur nicht von vorn mit Druck, nein Rückwerts. Die Resonanzwelle schiebt Frischgase, die gewollt in den Auspuff gelangen, wo sie aber unnütz sind, wieder zurück in den Zylinder. Das muss aber genau abgestimmt sein und funktioniert erst bei hohen Drehzahlen. Moderne 4-Takter, wie z.B. Formel 1 oder Moto Gp arbeiten genau so aber auch alle anderen Hochleistungsmotoren. Damit nicht genug, die Druckwellen auf der Einlas Seite haben auch noch einen Einfluss.

Entnommen aus: http://www.freizeit-hedonist.de/reso-auspuff.htm

Helmut Fath würden zustimmen. Ich habe das Glück gehabt ihn persönlich kennen zu lernen. Ich war mehrfach bei ihm in Ursenbach.

Georg ist dann in der I-Lizenz noch paar Rennen gefahren, leider nicht mehr an der Spitze. Er konnte das einfach nicht mehr finanzieren. Seine Gegner in der DM waren bekannte Namen wie Steinhausen, Schwärzel, Schauzu und Co. Allein der Motor hatte ihn damals 10 000 DM gekostet.

Kennern war bekannt, dass die werkseitigen Auspuffanlagen bei den Racern optimal waren, man konnte kaum was optimieren, die 250er Yamahas drehten damals bis knapp 12000 U/min. Die Leistung setzte so bei 9500 U/min ein und fiel oberhalb von 12 100 U/min steil ab. Das konnte man mit Kürzungen von wenigen Milimetern im Krümmerbereich etwas strecken. Aber das Resultat war eine noch spitzeren Leistungskurve, was zur Folge hatte, dass die Maschine noch schwieriger zu fahren war.

Wolfgang 5. von links, dahinter Georg

Meine Erfahrung daher: Man kann viel berechnen. Aber das Optimum wird nur durch Einzelversuche auf dem Prüfstand zu erreichen sein. Das Umfeld muss ebenfalls stimmen – Raumtemperatur, Ansauglufttemperatur, Wasser- und Abgastemperatur müssen konstant sein, der Atmosphärische Luftdruck muss berücksichtigt werden.

Wolfgang Kamradt