Tour de Sardegna

Diese Reise war jetzt nicht die große Schleife, wie Türkei, Moskau und auch nicht wie für manche Clubmitglieder die Tour in Frankreichs Zentralmassiv aber es sind eigentlich zwei Geschichten, bei der der Reisebericht nur das eine ist. Das Andere ist der Reiseveranstalter, der Motorradreisen anbietet, bei denen die Maschinen via LKW ins Zielgebiet transportiert werden und die Fahrer im Reisebus anreisen. Nichts für die hartgesottenen aber günstiger als man denkt und für Oldtimer eigentlich überlegenswert. Zumal neben den Maschinen auch die Fahrer schon gern mal Oldtimer sind.

Teil 1 Anfahrt

Am morgen war ich in Bormio gestartet. Der gestrige Tag war zwar spannend aber über den Umbrail war es bitter kalt. Oben war Neuschnee gefallen und die Falcone hatte sich schwer getan mit dem Anstieg, den Kehren und ihrer langen Übersetzung. Gepäcktaschen fast leer und alle verfügbaren Klamotten am Mann. Ich war dem Rheintal entlang über Davos gekommen und hatte schon am Bodensee eine Übernachtung. Nach der Nacht in Bormio hatte ich mir am morgen viele möglichen Routen durch die Berge angeschaut, mit dem Start aber alle verworfen und ließ mich nun einfach entlang des Flusses hinuntertreiben, Richtung Sondrio. Nicht auf der großen Straße SS sondern auf der Nebenstrecke SP, verließ diese nach einer Weile und wechselte auf die noch kleinere durch die Ortschaften. Cappuccino hi und da, ich war angekommen, dolce vita. Die Straße führte mal am Fluss entlang, mal auf halber Höhe links oder rechts des Tals, mal in der Sonne mal im Schatten, mal warm mal kalt, wunderbar. Die Falcone plätscherte dahin wie das Wasser im Fluss nebenan. Ein großes Castello erweckte meine Aufmerksamkeit, Kultur, Geschichte und eine schöne Aussicht schien mir die ideale Verbindung für eine Pause zu sein. Nach ausgedehnter Ruhe in der überraschend warmen Sonne entdeckte ich am Fuße des Castello ein kleines Restaurant, ich war eigentlich nicht hungrig und es war schon 13 Uhr aber ich konnte nicht wiederstehen. Ich lies mir Zeit und der Mittagstisch glitt im Schatten der Laube auch ohne Wein bis weit nach 15 Uhr dahin. Jetzt aber weiter, und ich dachte noch, wenn jetzt nur nicht der flow von heute morgen abreist, für eine grundsätzliche Navigation wäre auch mehr als genug Zeit gewesen. So kam es, dass mich diese dämliche SS 38 immer wieder ansaugte und mich in ihren dichten Verkehr hüllte. Als Mailand auf der Beschilderung immer häufiger auftauchte und es stellte sich heraus, schon das Castello war falsch. Es half alles nichts: 40km zurück. Der Abzweig war unscheinbar, der Passo di Aprica begann am Hang entlang, war dann aber flott zu fahren, fast alles im Dritten, nicht wie der Umbrailipass, der uns Tags zuvor den Zahn gezogen hatte. So kam ich mit dem letzten Licht nach Edolo, das minimalstes Tagesziel auf meiner Route, denn ich wollte eigentlich nicht auf den letzten Drücker an der gebuchten Fähre in Livorno ankommen. Aber ich kenne das, Euphorie und Träumerei sind kein guter Reisebegleiter.

Die Falcone auf dem Umbrail Pass

Am folgenden Tag hinaus aus den hohen Bergen, schöne Strassen und schönes Land zwischen Iseo-, Idro- und Gardasee, Falcone ist zu hause, bewegt sich agil und fühlt sich wohl. Danach wird das Land flach, Obstbau und Baumschulen nutzen noch das Wasserangebot aus den Bergen, dann nur noch Agrokultur und Viehwirtschaft. Auch beim fahren will dieses Land abgearbeitet sein, kein Ort zum verweilen. Ich komme bis auf Höhe Parma und erwische ein schönes und günstiges Hotel. Vor mir liegt nun der Appenin vielversprechend am Horizont. Es sind nur noch um die zweihundert Kilometer bis Livorno, ich spüre, das wird lässig, suche mir in „maps“ die kleinsten Straßen zusammen und komme Tags darauf auch zeitig weg. Schon beim Anfahren der Hügellandschaft bin ich ob deren teilweise bizarren Gestalt überrascht und die Bewunderung steigert sich mit dem Eindringen in das Mittelgebirge. Die Straßen werden kleiner, kurviger, steiler, nennen sich häufiger Passo und ziehen sich ewig dahin; ich bin begeistert. Um die Mittagszeit bin ich mittendrin. Erst mittendrin? Ich bin nicht vorwärts gekommen. Ich  verzichte auf die Mittagspause, esse den Apfel vom Hotel bei einem kurzen Stopp. Aber jetzt gings erst richtig los, SP9 Stradale Provinciale, Kurven, Kastanien auf der Straße und ein Straßenzustand der höchste Konzentration fordert und der Falcone alles abverlangt. Mit einem kurzen Regenschauer aus den Bergen herausgespült, erreiche ich am Nachmittag Lucca und nehme zum ersten mal die Autostrada, um möglichst schnell nach Livorno in den Hafen zu gelangen.

Teil 2 Sardinien

Motorradtourismus in Sardinien hat sich zu einem nicht unerheblichen Faktor entwickelt. Die großen Gruppen an Motorradfahrern, die täglich an den Fähren auf die Verladung warten, sind nur ein Teil. Viele Maschinen werden auf Sattelzug und Trailern verschifft und warten dann am Flughafen auf ihre Besitzer.

Warten an der Fähre

Meine Buchung sah so aus, dass die Protagonisten mit dem Reisebus im Hafen ankommen, um dort ihre Maschinen in empfang zu nehmen, die im Sattelzug, in speziellen Gestellen gestapelt, hergefahren wurden. Diesen Service nahm ich für mich nur für die Rückfahrt in Anspruch und schloss mich der Gruppe im Hafen an. Bei der Auffahrt und beim Ablegen der Fähre am Abend kommt etwas Weltreisestimmung auf. Über jegliche Beschreibung der Landschaft, der Straßen und der Möglichkeiten Motorrad zu fahren, ist Sardinien erhaben. Nur soviel, für die Falcone ist die Insel das Revier schlechthin. Sehr gute Strassen, Bergig aber nicht steil, alles in den großen Gängen, Kurven, aber flüssig und Schotter für den, der die pure Natur erkunden will. Statt Regenkleidung war Badehose und Handtuch in der Satteltasche, denn das Meer ist auch Anfang Oktober noch warm und schönes Wetter eine ziemliche Wahrscheinlichkeit.

Sardinien ist immer eine Reise wert

So kamen bei der Anfahrt 1200km und auf der Insel nochmal so viele Kilometer zusammen. Zurück mit besagtem Bus, der in Livorno wartete. Die gesamte Reise mit der Falcone war wunderbar. Die Falcone gab sich zu Hause nicht die geringste Blöse, war immer absolut souverän und auch immer der heimliche Chef unter den anderen Maschinen, nicht nur im „parc fermé“ sondern auch in Bewegung auf der Straße. Bella machina, bella italia. 

Teil 3 Roadbook

1.Tag: Kirchheim/Teck-Lindau 2.Tag: Lindau-Davos-Fluewipass-Umbrail-Bormio 3.Tag: Bormio-Umgebung-Edolo 4.Tag: Edolo-Lago d‘Iseo-Lago di Garda-Reggio Emilia 5.Tag: Reggio Emilia-Livorno-Nachtfähre 6.Tag: Olbia-Umgebung-Orosei Hotel 7.Tag: Strand 8.Tag: Teilnahme an den geführten Touren des Reiseanbieters 9.Tag: Erkundungsfahrt mit Strand 10.Tag: Orosei-Tortoli-Fonni-Nuoro-Orosei 11.Tag: Orosei-Umgebung-Olbia-Nachtfähre 12.Tag: Busfahrt Livorno-Peiting-Kirchheim-Teck

Start und Ziel ist 73230 Kirchheim/Teck 

Zustieg in 86971 Peiting

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Bernd Rabel